Volles Haus und viel Know-how beim Umweltseminar

Volles Haus beim Umwelt­sem­i­nar der Lan­desver­bände Motor­sport im Club­haus des Wies­baden­er Yacht­clubs. Mit dabei: Matthias Müller und Michael Schnei­der, WVS-Umwelt­beauf­tragter und sein poten­tieller Nach­fol­ger (von links, kleines Foto). Für Boots­be­sitzer gab’s viel nüt­zlich­es Know-how. (Foto: Claus von Kutzschen­bach).

Ein Bericht des WVS-Umwelt­beauf­tragten Matthias Müller:

The­men des diesjähri­gen Umwelt­sem­i­nars am 9. Novem­ber 2019 im Boot­shaus des WYC: Strom, der durch die elek­trischen Leitun­gen an Bord fließt, vom Strom der durch Pold­er gezähmt wird und von ein­er vielle­icht möglichen kleinen Rev­o­lu­tion im Bere­ich Antifoul­ing.

In diesem Jahr war der WYC wieder ein­mal Gast­ge­ber des von den Lan­desver­bän­den Hes­sen und Rhein­land-Pfalz im Deutschen Moto­ry­achtver­band (DMYV) unter Beteili­gung des Lan­desver­ban­des Baden-Würt­tem­berg durchge­führten Umwelt­sem­i­nars. Nach den Gruß­worten des Lan­desumwelt­beauf­tragten des hes­sis­chen Lan­desver­bands, Dr. Arno Grau, und der Präsi­dentin des hes­sis­chen Lan­desver­bands (HELM), Chris­tel Lenarz, berichtete der Präsi­dent des Lan­desver­ban­des Rhein­land-Pfalz, Gis­bert König, über die aktuelle Sit­u­a­tion der Kom­mu­nika­tion zwis­chen dem Bun­desver­band und den Mit­gliedern, den jew­eili­gen Landesverbänden. 

Kom­mu­nika­tion Bun­desver­band und Vere­ine: Gis­bert König beklagte die nach der Umor­gan­i­sa­tion der Bun­de­sebene des DMYV zum Ver­band der Ver­bände nicht mehr mögliche direk­te Kom­mu­nika­tion zwis­chen der Bun­de­sebene und den einzel­nen Mit­gliedern und deren Vere­inen. Er war deshalb für den inter­essieren­den regionalen Bere­ich Hes­sen und Rhein­land-Pfalz für die Teil­nahme an ein­er all­ge­meinen Aussprache in Mainz Kos­theim am 30. Novem­ber 2019. Hierzu ist jedes Mit­glied in einem der angeschlosse­nen Vere­ine ein­ge­laden, wir bit­ten deshalb aus­drück­lich um Beach­tung der Einzel­heit­en auf der Web­seite des HELM.

Schleusen: Bere­its in diesem Jahr hat das Bun­desverkehrsmin­is­teri­um die Mit­tel für die Unter­hal­tung der Schleusen weit­ge­hend gestrichen. Nach dem bish­eri­gen Ver­fahren haben der Deutsche Moto­ry­acht Vere­in und der Deutsche Seglervere­in jew­eils zu gle­ichen Teilen einen Beitrag von 150.000 € jährlich für den Unter­halt der Schleusen einge­set­zt. In Gegen­zug kon­nten die Mit­glieder auf eine unent­geltliche Schleusen­nutzung vertrauen.

Nach der Kündi­gung dieser langjähri­gen Übung dürfte für viele Reviere eine Fluss­be­fahrung zum Teil teuer wer­den. Noch gibt es lei­der keine Erfahrun­gen auf dem Nach­bar­revi­er der Lahn, auf dem bere­its Motor­boote in die Defen­sive gedrängt wer­den. Die Regelung der Schleusen­be­triebs und sein­er Nutzung bleibt nun­mehr weit­ge­hend den regionalen Behör­den, Ver­bän­den und Inter­es­sen­grup­pen überlassen.

Gefahren im Sed­i­ment: Es gibt allerd­ings noch eine gefährlichere Entwick­lung mit großen finanziellen Auswirkun­gen für viele Häfen und Vere­ine. Ein Ref­er­ent und Vertreter des Lan­desver­ban­des Baden-Würt­tem­berg berichtete über die umwelt­gerechte Sanierung eines rel­a­tiv kleinen Hafens am Ober­rhein, der zur ein­er bis­lang finanziell nicht abgek­lärten Belas­tung des örtlichen Vere­ins geführt hat. Die Gefahr ist nicht das zumeist fließende Gewäss­er und deren Güte son­dern sie lauert im Sed­i­ment. Mit­tler­weile muss in der Regel bei einem Aushub bzw. ein­er Sanierung das Sed­i­ment als Son­der­müll entsorgt wer­den mit ganz erhe­blichem finanziellen Aufwand.

Für den Hafen­bere­ich in Wies­baden Schier­stein dürfte die Entwick­lung noch keine unmit­tel­bare Auswirkung haben. Denn aus Sicht der Kom­mune mit einem gerin­gen Anteil an der Gewässer­fläche ist eine Sanierung des Hafens Sache des Wasser­wirtschaft­samts. Allerd­ings kann bere­its jet­zt davon aus­ge­gan­gen wer­den, dass der all­ge­meine Druck der öffentlichen Mei­n­ung am Ende zu ein­er kost­spieli­gen Sanierung des Schier­stein Hafens führen wird. Dann wird es um die Verteilung der in mehreren Mil­lio­nen gehende Kosten gehen. Und mit Sicher­heit wer­den einen Teil dieser Kosten von den anliegen­den Vere­inen getra­gen wer­den müssen. Es ist bere­its jet­zt auf Grund­lage der vor­liegen­den Sed­i­men­tun­ter­suchun­gen völ­lig klar, dass der gesamte Aushub im Falle ein­er Sanierung Son­der­müll mit entsprechen­den Entsorgungskosten sein wird.

Strom an Bord — viel nüt­zlich­es Know-how

An diese wenig erfreulichen Aus­sicht­en schloss sich das Refer­at des Vizepräsi­den­ten des Lan­desver­ban­des Baden-Würt­tem­berg, Dieter Haag, an. Haag beschäftigt sich als ein­schlägig beruf­ser­fahren­er ehe­ma­liger Beruf­ss­chullehrer im Bere­ich der Kraft­fahrzeugtech­nik mit dem Strom an Bord. Wir weisen auf seine instruk­tiv­en und auch für Laien ver­ständlichen Folien in, die auf der Web­seite des Lan­desver­ban­des Baden-Würt­tem­berg www.lvm-bw.de abgerufen wer­den kön­nen. Ich hat­te darüber bere­its vor eini­gen Jahren berichtet, mit­tler­weile hat Herr Haag seine Folien, die sein­erzeit Gegen­stand eines aus­führlichen Refer­ats waren, überarbeitet.

An dieser Stelle soll aber beson­deres die Gefahren im Zusam­men­hang des Ein­satzes von Lithi­um-Bat­te­rien hingewiesen wer­den. Im Falle von einem durch Kurz­schluss oder durch äußere Ein­wirkung verur­sacht­en Brands der Bat­terie entste­ht Flusssäure mit dem entsprechen­den Gas. Dieses führt zu ein­er nicht mehr heil­baren Lun­gen­ver­let­zung. Der gute Rat des Ref­er­enten war: Hier geht immer Selb­sthil­fe vor Hilfe.

Pold­er gegen Rhein-Hochwasser

Der zweite Beitrag des Umwelt-Sem­i­nars bezog sich auf die seit mehreren Jahren umge­set­zte Pla­nung für die Anlage der für den Hochwasser­schutz notwendi­gen Pold­er im Bere­ich Ober – und Mit­tel­rhein. Nach Darstel­lung von Dipl.-Ing. Hein­rich Webler aus Mainz sind mit­tler­weile 25 Pold­er im Bere­ich des Ober­rheins angelegt und über­wiegend in Betrieb genom­men wor­den. Das Ziel der Pla­nung war die Schaf­fung ein­er Rück­hal­temöglichkeit im Falle eines Hochwassers von 290 Mio. m ³. Erst die Ver­wirk­lichung dieses Ziels garantiert den Hochwasser­schutz mit dem Sta­tus von 1955, also vor über 60 Jahren. Denn ab diesem Zeit­punkt erfol­gte durch Frankre­ich der Aus­bau des Ober­rheins mit Wasserkraftwerken. Diese führten zur ein­er erhe­blichen Steigerung der Fließgeschwindigkeit und damit ein­er entsprechen­den Min­derung der Schutzmöglichkeit­en für den Fall eines so genan­nten zwei­hun­dert jähri­gen Hochwassers. Diese sta­tis­tis­che Größe kann bedeuten, dass Hochwasser­ereignisse mit entsprechen­den Fol­gen mehrfach in ein­er kurzen Peri­ode erfol­gen kön­nen, es kann aber eben auch ein Zeitab­stand von 200 Jahren ein­treten. Jeden­falls ist diese sta­tis­tis­che Wahrschein­lichkeit immer eine Rückschau. 

Der Kli­mawan­del hat nach Ein­schätzung des Ref­er­enten auf den Rhein selb­st nur gerin­gere Auswirkun­gen, seine Schätzun­gen gehen von ca. 5 % aus. Dage­gen ist für die kleinen Flüsse und Neben­flüsse mit ganz erhe­blichen Auswirkun­gen zu rech­nen. In diesem Bere­ich muss mit ein­er Steigerung der Hochwasser­ereignisse und 30–40 % und entsprechen­den materiellen Schä­den gerech­net wer­den. Zum Ver­gle­ich wies Herr Webler auf die Anstren­gun­gen im Bere­ich des Unter­rheins durch die Aus­bau­maß­nah­men in den Nieder­lan­den ihn. Die Nieder­lande pla­nen mit einem Hochwasser­ereig­nis von 1000 Jahren. Immer­hin war die Mag­dale­nen­flut im Jahre 1342 ein solch­es Ereig­nis, das als Folge ein­er so genan­nten Vb-Wet­ter­lage zur völ­li­gen Über­schwem­mung des heuti­gen Innen­stadt­ge­bi­ets vom Mainz und Frank­furt führte.

Auch Deutsch­land ver­sucht, Pla­nun­gen für Pold­er umzuset­zen, die im Falle eines extremen Hochwasser­ereigniss­es die Innen­stadt­bere­iche der Anlieger-Städte schützen kön­nen. Bis dahin allerd­ings ist der Weg noch weit, ins­beson­dere wegen der zahlre­ichen und in der Regel juris­tisch aus­ge­focht­e­nen Beschw­er­den betrof­fen­er Gemein­den oder auch einzel­ner Bürger.

Der für unsere Revi­er ort­sna­he Pold­er kann bei Ingel­heim besichtigt wer­den, vom Rhein aus ist dieser Pold­er nicht sichtbar.

Antifoul­ing: Rev­o­lu­tionäres Verfahren

Der dritte Beitrag war beson­ders inter­es­sant für alle Boots­be­sitzer. Denn zumin­d­est jed­er Besitzer eines für län­gere Zeit im Wass­er liegen­den Bootes muss sich mit dem Prob­lem des Schutzes de des Unter­wasser­schiffs beschäfti­gen. Die let­zten Jahre waren insoweit durch Ver­suche der Her­steller von für den Binnenein­satz geeigneten Antifoul­ing Anstrichen gekennze­ich­net. Das Ziel der Her­steller sollte darin liegen, biozid­freie Anstriche auf dem Markt anzu­bi­eten. Der Ref­er­ent, Dipl.-Ing. Joachim Müller von der Fir­ma it-Coach­ing, stellte nun ein in Zusam­me­nar­beit mit dem Deutschen Moto­ry­achtvere­in entwick­eltes neuar­tiges Pro­dukt vor. Mit­tler­weile ist das Pro­dukt über einen Zeitraum von mehr als 3 Jahren erfol­gre­ich auch im Rhein­wass­er getestet wor­den. Lei­der haben die bekan­nten Ver­trieb­s­ge­sellschaften die Auf­nahme des Pro­duk­ts in ihr Sor­ti­ment abgelehnt. Denn es genügt ein Anstrich der sehr dün­nen Lösung und damit dem Ein­satz ein­er gerin­gen Menge gegenüber früher üblichen Men­gen von 2–3 Dosen für ein 7–8 m Boot. Der Absatz von Gebinden mit einem Inhalt von einem hal­ben oder einem Liter ist aber für die meis­ten Anbi­eter uninteressant.

Weitaus bedeut­samer ist aber, dass das neuen­twick­elte Antifoul­ing nach dem bish­eri­gen Test erst nach drei und ver­mut­lich noch mehr Jahren ergänzt wer­den muss. Auch hier ist die Anwen­dung denkbar ein­fach und ins­beson­dere wenig zeitraubend. Allerd­ings muss nach den gemacht­en Erfahrun­gen der Unter­wasser­bere­ich alle 6 Monate gesäu­bert wer­den. Da der Anstrich biozid­frei ist, kann die Säu­berung des Unter­wasser­bere­ichs am Boot im Wass­er erfol­gen. Dage­gen ist eine im Wass­er erfol­gende Säu­berung der Antifoul­ing Beschich­tung regelmäßig ein Ver­stoß gegen die wasser­schutzrechtlichen Bes­tim­mungen. Denn nach Aus­sage von Her­rn Müller enthal­ten die meis­ten als biozid­frei auf dem Markt ange­bote­nen Pro­duk­te Zin­nverbindun­gen mit hohen tox­is­chen Auswirkun­gen auf das Gewäss­er und Sediment.

Die entsprechen­den Auswirkun­gen der bish­er üblichen Pro­duk­te sind erschreck­end. Im Bere­ich des Stein­hud­er Meeres haben die Unter­suchun­gen der Behör­den im Sed­i­ment zu einem Nach­weis von 0,5 kg Kupfer nach ein­er Sai­son bei 18,5 qm Unter­wasser­bere­ich (also ein typ­is­ches 7,5 m Segel­boot mit Kiel) geführt.

Die detail­lierte Beschrei­bung ist auf der Home­page des Her­stellers it Coat­ing GmbH, Fab­rik­strasse 3, 48599 Gronau zu find­en (www.boatprotect.de). Außer­dem gibt es auf der Home­page des DMYV (https://www.dmyv.de/) Hin­weise mit Bezugsquellen.

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